Exklusives Interview mit Dr. Luisa Paiva, General Manager des IONA, Luanda, Angola

Dr. Paiva nahm sich trotz ihres prall gefüllten Terminkalenders Zeit, um sich mit CBM Luxemburg zu unterhalten. Dr. Paiva verfügt über langjährige Erfahrung in der Augengesundheitsversorgung in Angola und spricht mit uns über ihre Arbeit, die Herausforderungen in Angola und wie CBM IONA dabei unterstützt, die Augengesundheitsversorgung für Bedürftige zugänglicher zu gestalten.

F1. Dr. Paiva, vielen Dank, dass Sie sich für dieses Interview bereit erklärt haben. Können Sie uns etwas über Ihren Hintergrund erzählen? Wie lange arbeiten Sie schon bei IONA? Was hat Sie dazu geführt, sich für diese Einrichtung zu engagieren?

Ich kam 1990 auf Einladung eines Professors für Augenheilkunde (zu der Zeit gab es noch keinen Internisten) zu IONA, um das Fachgebiet zu entdecken. 1995 legte ich dann meine Facharztprüfung ab.

Obwohl es nicht meine erste Wahl war, hätte ich keine bessere  Entscheidung treffen können! Ich entdeckte schnell eine Leidenschaft für diese Arbeit. Im Oktober 2014 wurde ich zum „General Manager“ ernannt. Ich bin ich bis heute in dieser Funktion tätig.

F2. Welche ist die größte Herausforderung, die Sie bei der Augengesundheitsversorgung in Angola erleben? Können Sie uns etwas über die Anzahl der Augenärzte, die Verfügbarkeit von Tests und Behandlungen, die Schulungsprogramme für Ärzte und die Augengesundheit bei Kindern erzählen?

Die Augenheilkunde in Angola ist eine große Herausforderung. Landesweit gibt es 94 Augenärzte, davon 58 national . Davon konzentrieren sich fast 90% auf die Hauptstadt Luanda, in der 2/3 der Bevölkerung Angolas leben. Die Bevölkerung Angolas wurde im Jahr 2022 auf 33 Millionen Einwohner geschätzt. Dies bedeutet, dass es auf etwa 350.000 Einwohner einen Augenarzt gibt, und dies obwohl die WHO einen Augenarzt pro 10.000 Einwohner empfiehlt.

Eine weitere Herausforderung ist der Mangel  eines primären Augenversorgungsnetzwerks. Dies führt dazu, dass Einrichtungen der Tertiärversorgung wie IONA mit der Versorgung von Pathologien auf primärer Ebene überlastet sind. IONA zählt derzeit zu den renommiertesten nationalen Diensten. IONA verfügt über die nötigen Fähigkeiten um einen guten Service in den verschiedenen ophthalmologischen Fachgebieten zu gewährleisten.

Zusätzlich ermöglicht IONA ergänzende Untersuchungen sowie z.B. die Durchführung verschiedener Arten von Augenoperationen, von den einfachsten bis zu den komplexesten, wie z.B. der Glaskörperchirurgie – Netzhaut, Kataraktextraktion durch Phakoemulsifikation, Reparatur des Augapfels und der Adnexe. Bis vor einigen Jahren reisten viele Patienten ins Ausland, um sich dieser Art von Operation zu unterziehen.

Derzeit beschäftigt IONA vierzig Praktikanten aus verschiedenen Provinzen, welche sich auf Augenheilkunde spezialisiert haben, und bildet zudem spezialisierte Krankenschwestern aus. Wir hoffen, dass dies dazu beitragen wird, die Auswirkungen des  Mangels an Fachärzten und spezialisierten Technikern zu minimieren, insbesondere in Provinzen, in denen es keine Augenärzte gibt.

F3. Seit Beginn der Zusammenarbeit IONAs mit CBM Luxemburg verzeichnen wir mehrere Erfolge. Dazu zählen der Aufbau des Spezialisierungsprogramms in der Kataraktchirurgie und die Erhöhung der Anzahl an durchgeführten Kataraktoperationen. Welche Auswirkungen haben diese Maßnahmen? Welche anderen Aktionen haben Sie von CBM Luxemburg in Angola mit IONA gesehen?

Die Zusammenarbeit mit CBM war sehr erfolgreich, sowohl im Hinblick auf die Spende von Verbrauchsmaterialien zur Durchführung von Kataraktoperationen als auch auf Geräte für experimentelle Operationen. Dies hat zu einer Zunahme von Chirurgen und Operationen geführt. Dennoch ist die Warteliste für die Kataraktoperation aufgrund der wenigen Fachärzte lang.

F4. CBM Luxemburg hat bislang zwei  Mikroskope an IONA geliefert. Zusätzlich hat CBM beim Aufbau des „Wet Lab“ geholfen. Warum waren diese Schritte wichtig und notwendig? Welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf Sie und Ihre Teams?

Ein weiterer, aus der Vereinbarung mit CBM Luxemburg resultierende Gewinn ist die Einrichtung eines experimentellen chirurgischen Labors mit Hilfe zweier gespendeter Mikroskopen. Dies reduziert die chirurgische Trainingszeit und ermöglicht das Erlangen chirurgischer Fähigkeiten und Geschicklichkeit. Der Auszubildenden beherrscht  so die Technik schneller was einen besseren Service für die Bevölkerung mit sich bringt.

F5. IONA bietet Englischkurse für angehende Ärzte an. Warum ist dies eine Priorität?

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des „CBM – IONA Memorandum of Understanding“ war das Englischtraining für niedergelassene Ärzte.

Das Beherrschen der englischen Sprache wurde priorisiert, nicht nur, weil Englisch als universelle Sprache für die Beratung und Durchführung von Forschungsarbeiten grundlegend ist, sondern auch, weil das Training den angehenden Ärzten  grundlegende Sprachkenntnisse des Landes in dem die Praktika durchgeführt wurden, vermittelt.

F6. Inwiefern hat Sie die Arbeit von Dr. Michael Ketema bei DESSO inspiriert?

Mein Besuch bei DESSO hat mir neue Horizonte eröffnet. Am meisten aufgefallen ist mir die Tatsache, dass es Auszubildende aus verschiedenen Ländern gab. Dies hat mich sehr inspiriert. Ich hoffe, dass wir in naher Zukunft eine Referenz für lusophone  afrikanische Länder sein können.

DESSO ist ein gut strukturierter Dienst mit einem Labor für experimentelle Chirurgie.

Unser Dank geht sowohl an CBM für die Förderung und Finanzierung des Treffens als auch an Dr. Michael Ketema für seine Gastfreundschaft.

F7. Können Sie uns Ihre Erwartungen für die kommenden Jahre mitteilen?

Die Art und Struktur des aktuellen IONA decken die hohe Patientennachfrage nicht. Der Bau eines neuen Instituts wurde bereits per Präsidialdekret genehmigt. Dieses neue Institut soll innerhalb von drei Jahren abgeschlossen sein. Während der Bauarbeiten müssen wir jedoch in größere provisorische Einrichtungen umziehen.

F8. Wird IONA außerhalb des Zentrums von Luanda (z.B. in armen Vororten) mit anderen Interessengruppen, wie z.B. dem norwegischen Blindenverband in der Provinz Uigi oder der kirchlichen SOLE-Klinik in Benguela zusammenarbeiten?

Wir hoffen, dass das von CBM gestiftete chirurgische Ausbildungsprojekt im Ausland sowie die Spende von chirurgischen Kits fortgesetzt werden. In diesem Jahr haben wir zudem Kampagnen für Sehtests und Kataraktoperationen geplant, unter anderem zum Weltglaukomtag am 12. März und dem Welttag des Sehvermögens im Oktober. Wir planen ein visuelles Screening, welches in einer Grundschule während der Glaukomwoche durchgeführt werden soll. Wir befinden uns zudem gerade mitten in einer vom Gesundheitsministerium (MINSA) geförderten Kampagne zur Reduzierung der Wartelisten für Operationen in verschiedenen Fachgebieten. Bereits mehr als 500 Kataraktpatienten wurden hierdurch operiert. Die jungen, rezent promovierten Ärzte haben teilgenommen und ihren Kollegen, welche sich auf ihre chirurgische Ausbildung im Ausland freuen, als Inspiration gedient.

Visuelle Screening-Kampagnen werden in den verschiedenen Gemeinden Luandas durchgeführt und sollen auf einige Provinzen ausgeweitet werden. MINSA wünscht sich zudem, dass neben Vorsorgeuntersuchungen auch Kataraktoperationen durchgeführt werden.

Was den Norwegischen Blindenverband betrifft, so hatten wir bereits einige Treffen und haben Bereitschaft und Verfügbarkeit für Kooperationsvereinbarungen sowie Offenheit für andere Partnerschaften und Kooperationen gezeigt.

F9. Dr. Paiva, vielen Dank für Ihre Zeit. Was möchten Sie abschließend den Spendern von CBM Luxemburg mit auf den Wege geben?

Im Namen von IONA, MINSA und dem angolanischen Volk danken wir der Stiftung CBM Luxemburg. Ihre Spenden haben das Leben unzähliger Patienten und ihren Familien verbessert.